Das Wunder – Mauerfall vor 25 Jahren
Als Christen sehen wir im Fall der Mauer bzw. im Zusammenbruch der DDR konkretes Handeln Gottes und nicht – wie vordergründig Viele meinen – das staatspolitische Können Einzelner. Das „Wunder der Freiheit und Einheit“ ist eine Tatsache, die wir vor 25 Jahren, im Zeitraum vom 3. Oktober (die DDR-Grenze wird hermetisch geschlossen) bis zum 9. November 1989 (die Grenzübergänge werden geöffnet), auf deutschen Boden als erste und einzige „friedliche Revolution“ erleben durften. „Mit allem haben wir gerechnet, nur nicht mit Kerzen und Gebeten. Sie haben uns wehrlos gemacht.“, wird Horst Sindermann, damals Vorsitzender des DDR-Ministerrates, zitiert. Die Menschen gingen nach den Friedensgebeten in den Kirchen in wachsender Zahl zu friedlichen Demonstrationen auf die Straßen. Obwohl überall bewaffnete Sicherheitskräfte bereit standen, fiel letztlich – Gott sei Dank – kein Schuss.
Um Gott für dieses Wunder, das er unserem Volk geschenkt hat, zu danken und die Erinnerung an das Geschehene wach zu halten, haben wir uns als Evangelische Allianz Bergneustadt (Ev. Kirchengemeinden Bergneustadt und Wiedenest, Ev.- Freikirchliche Gemeinden Wiedenest, Hackenberg und Derschlag, Ev. Ladenskirchliche Gemeinschaft, Freie ev. Gemeinde „mittendrin“) im Mai 2013 entschlossen, gemeinsam mit der Katholischen Kirchengemeinde am 9.11.2014 und am 3.10.2015 besondere Dankgottesdienste zu veranstalten.
Die Erinnerung an den Bau der Berliner Mauer und die martialische Aufrüstung seitens der DDR an der sog. Demarkationslinie ist in der heutigen Generation nicht mehr vorhanden. Daher wurde am 4. November in der Hauptgeschäftstelle Bergneustadt der Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt die Ausstellung „DIE MAUER – Eine Grenze durch Deutschland“ (Bundesstiftung Aufarbeitung) durch Frank Grebe (Sparkasse) und Pastor M. Kalisch (Ev. Kirchengemeinde Wiedenest) unter großer Teilnahme von Bevölkerung und Presse eröffnet. Sie zeigt auf 20 Postern in eindrücklichen, bewegenden Bildern die historische Entwicklung. Nicht nur die Sparkassenbesucher können sich bis zum 14. November informieren, auch zahlreiche Bergneustädter Schulklassen haben das Angebot bereits genutzt.
Der Dank- und Bittgottesdienst in der Aula der Städtischen Realschule Bergneustadt am Nachmittag des 9. November stellte neben dem Mauerfall auch die Pogrome an jüdischen Mitbürgern am 9.11.1938 und den weltweiten Gebetstag für verfolgte Christen in das Bewusstsein. Rund 330 Besucher hörten ein Grußwort des Bergneustädter Bürgermeisters Wilfried Holberg, Interviews mit den „Zeitzeugen“ Matthias und Rita Schmidt (EFG Wiedenest) und dem Hauptredner Pastor Reinhard (Direktor des Diakonissen-Mutterhauses Elbingerode/Harz, davor 18 Jahre Leiter des Allianzhauses in Bad Blankenburg) – dann dessen Predigt auf der Grundlage von Galater 5, dem „Aufruf zur rechten Freiheit“. „Freiheit“, was für ein Begriff in der damaligen DDR! „Als Christen hatten wir die innere Freiheit, begründet im Glauben, aber keine äußere Freiheit“, sagte Holmer, und weiter: „Die Freiheit ist das größte Geschenk der friedlichen Revolution.“ Das Evangelium ist die Botschaft von der Freiheit – und diese bricht sich Raum, wo auch immer, weltweit.
Die Freiheit des Christen hat drei Aspekte:
- Freiheit ist an eine Person gebunden – Jesus Christus, der von allen Abhängigkeiten befreit. Suchtmittel jeglicher Art versprechen uns den Himmel auf Erden, so wie damals der Sozialismus, aber sie bewirken nur Abhängigkeit.
- Freiheit ist immer begrenzt – durch Gottes Ordnungen. Ohne Ordnung ist unser Leben nicht denkbar. Begrenzt auch durch unsere Beziehungen zu anderen Menschen, die uns aber bereichern, denn von diesen Beziehungen leben wir.
- Freiheit ist eine Aufgabe – wir sind zur Freiheit berufen; aber: dient einander in Liebe, die Freiheit endet nicht bei uns, sondern fordert Solidarität mit anderen, insbesondere den „Verlierern“ unserer Gesellschaft.
Freiheit und Wahrheit gehören untrennbar zusammen, auch wenn Wahrheit durchaus bitter sein kann. Im Blick auf die Diskussion über das Ergebnis der Landtagswahlen in Thüringen heißt die Wahrheit, dass die DDR zwar ein Unrechtsstaat war, aber die wirkliche Ursache lag in der Unrechts-SED, die alles steuerte. Das darf in Deutschland nicht mehr in passieren; daher Holmers Appell: „Wenn etwas der uns aus Christus gegebenen Wahrheit widerspricht, dürfen wir das nicht hinnehmen, sondern müssen widersprechen.“
90 Minuten Einblick in eine für viele von uns fremde Welt und eine Festigung im Glauben.
Ein Artikel von Dieter Klinger, Mitglied im Vorstand der Ev. Allianz Bergneustadt
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